Wir wohnen hier in Peru zur Miete. Zu unserem Haus gehört ein sehr großer Garten, den die Besitzer des Hauses angelegt haben. Neben verschiedenen Zierpflanzen finden sich auch allerhand nützliche Gewächse. So können wir zum Beispiel unsere eigenen Orangen, Zitronen, Avocados und vieles mehr direkt vor der Haustüre ernten. Recht untypisch für Deutsche gefällt mir ein Garten am besten, wenn er etwas verwildert ist. Wenn sich die Kinder ihre eigenen Wege durch hohes Gras bahnen können und es genügend natürlichen Wohn- und Nistraum für Insekten aller Art und für Vögel gibt. Und so habe ich mich in den letzten Jahren seit wir hier wohnen, was die Gartenpflege anbetrifft, hauptsächlich auf regelmäßiges Gießen und sporadisches Zurückschneiden der Stauden beschränkt. Immer wieder konnten wir Vögel beim Nisten beobachten, einer Tarantel zuschauen, wie sie gegen eine Tarantelwespe kämpfte, die ihr Ei auf ihr ablegen wollte oder einfach nur den regelmäßigen Besuch der Kolibris an unserer Terrasse genießen.
Bis mir vor wenigen Tagen auffiel, dass sich eine neue Pflanzen an verschieden Stellen in unserem Garten breitzumachen begann. Eine kurze Rückfrage bei einer peruanischen Freundin später war klar: diese Pflanze ist giftig und muss weg. Als ich nun mit sensiblen Augen für diesen Eindringling durch unseren Garten ging, fiel mir auf, an wievielen Stellen sie sich schon angesiedelt hatte. Still und heimlich und völlig ungefragt. Und das nichr erst seit gestern. Manche hatten schon dünne Stämmchen entwickelt und es war beinahe unmöglich, sie zu entfernen. Als ich verschwitzt und erdverdreckt im Garten gegen ein besonders resistentes Exemplar kämpfte, fragte ich mich, wie es soweit hatte kommen können. Die kleineren Pflanzen, konnte ich einfach mit einer Hand komplett mit der Wurzel ausreißen aber die größeren benötigten einen ungleich höheren Aufwand. Hätte ich mich nur früher schon um diesen ungebeten Gast gekümmert.
Machmal geht es mir mit meinem "inneren Garten" genau so. Da gibt es wunderbare Pflanzen, die schön aussehen und gute Früchte tragen. In Galater 5, 22 und 23 lesen wir zum Beispiel folgendes: Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Alles tolle Dinge, die es sich zu kultivieren und Pflegen lohnt. Aber was ist mit all dem Unkraut, dass von ganz alleine kommt und auch Früchte tragen kann? Bitterkeit, Unversöhnheit, Trägheit, Gleichgültigkeit,... Der Aufwand, diese Pflanzen in ihrem frühen Wachstum zu entfernen ist relativ gering. Doch haben sie erst einmal Wurzeln geschlagen und sich in unserem Inneren fest verankert, muss man viel mehr Energie aufbringen und der Schmerz, den ihr Herausreißen hinterlässt, ist um einiges größer. Und manchmal braucht es den liebenden und prüfenden Blick eines Freundes, der mich darauf hinweist, was da gerade wächst, um mit neuen Augen meinen "Garten" anzuschauen. Und manchmal ist auch ein Kahlschlag notwendig, um den guten Pflanzen genug Licht zukommen zu lassen, damit mein Leben gute Früchte tragen kann.