Loslassen

Wenn ich mich recht entsinne, ist es nicht das erste Mal, dass ich an dieser Stelle über dieses Thema schreibe. Vielleicht liegt es daran, dass meine Kinder immer größer und damit auch selbständiger werden? Oder daran, dass dieses Land mir nach wie vor oft noch so fremd ist? Dass so vieles, was mir bis vor wenigen Jahren noch Sicherheit und Stabilität suggeriert hat, plötzlich nicht mehr da ist? Ich kann es nicht genau sagen. Es ist auf jeden Fall ein Thema, dass ständig präsent ist, und über das ich viel nachdenke.  Wenn ich eine Sache in den letzten Jahren realisiert habe, dann die, dass ich über ganz viele Dinge keine Kontrolle habe. Und das macht mir zu schaffen. Vermutlich gibt es Menschen, die etwas unkonventioneller gestrickt sind, und die Freude dabei empfinden, planlos in den Tag oder gar in ihr Leben zu gehen.

Ich gehöre nicht dazu. Ich möchte gerne wissen, was auf mich zukommt, auf was ich mich einrichten muss, was von mir erwartet wird. Vielleicht waren die letzten zweienhalb Jahre deshalb oft so herausfordernd für mich. In einem Land anzukommen, zu dessen Kultur es gehört, ohne große Pläne ein Projekt zu starten. Mitten im Ankommen mit einer weltweiten Pandemie konfontiert zu sein. Heute nicht zu wissen, was morgen ist. Positiv ausgedrückt: viel Potenzial, um als Mensch zu reifen.

Und nicht, dass ich behaupten könnte, schon angekommen zu sein (das wird in diesem Leben eh nicht passieren). Aber ich bin auf einem guten Weg. Zu lernen, wo es sich lohnt festzuhalten, und wo man das Leben auch mal laufen lassen kann, ist eine der reichsten Erfahrungen der letzten Jahre für mich geworden. Nicht zuletzt meine Kinder waren mir auch in dieser Hinsicht wieder exzellente Lehrmeister. Zu sehen, wie unser Jüngster in den Tag startet, ohne Agenda, ohne Verpflichtungen. Mit der einzigen Erwartung, dass dies der tollste Tag seines bisherigen Lebens wird, voller Abenteuer und neuer Entdeckungen. Wie er es genießt auf den warmen Fliesen zu liegen, die die Sonne am Nachmittag erwärmt. Ohne dabei auf die Uhr zu schauen oder zu überlegen, was heute noch getan werden muss. Und ja, ich weiß, dass das als Erwachsener nicht ganz so leicht ist und auch nicht realistisch. Aber so oft habe ich solche Momente verpasst, weil ich dachte, ich müsse jetzt dieses oder jenes tun. Nur um dann festzustellen, es wäre auch mit weniger gegangen.