Es ist genau das, was mein Leben als Missionsarzt in Peru so einzigartig macht: Ich sehe das, was sonst niemand sieht! Das gerade das meine Arbeit in der Ferne so einzigartig machen würde, darüber hatte ich nie nachgedacht. Und gerade das "Unnormale" zu sehen und zu erleben zeigt dann doch sehr schnell, wie man über die Jahre für so viele Dinge eine eingefahrene Sicht bekommen hat. Das zu erleben, löst immer wieder neu einen "Kuluturschock" aus.
Wie kann man so tun, als wäre nichts passiert, wenn ein 15-jähriges Mädchen wegen starken Blutungen eingeliefert wird und noch in der Nach operiert werden muss . Ist das einfach nur ein Kulturunterschied, wenn dann ein Missionar die Polizei einschaltet weil das Mädchen ganz offensichtlich vergewaltigt wurde?
Ist das halt einfach so, wenn Menschen die Behandlung verweigert wird, nur weil sie Quechua sind? Oder man Angst dazu nutzt, sie zu unnötigen Eingriffen zu drängen, die sie natürlich selbst bezahlen müssen?
Ist das halt einfach so, dass minderjährige Kinder tagelang daheim eingesperrt werden, weil die Eltern jetzt eben Mal die Ware in der nächsten Großstadt verkaufen gehen.
Wie kann es sein, dass eine Gesellschaft es schafft, zeitweise 70% Arbeitslose zu ernähren ohne dass es zu einem Bürgerkrieg kommt?
Wie kann es sein, dasss Patienten tagelang ohne zu Jammern durchs Land fahren, um hier bei Diospi Suyana Hilfe zu bekommen?
Was mein Leben bereichert ist, dass ich die Chance bekommen habe, eine ganz andere Sicht auf die Welt zu bekommen. Und, dass ich daraus lernen darf.
Das zu sehen, was andere nicht sehen, braucht die Bereitschaft, eine neue Perspektive einzunehmen. Genauer hinzusehen, wo andere wegschauen. Oder den Blick in die Ferne zu wenden um sich nicht in der Kleinigkeit des Alltags zu verlieren.
Dabei ist nicht nur der Blick nach außen, sondern eben genauso auch der Blick nach innen gefragt. Mit einem sehenden Auge in das eigene Herz "hinein zu fühlen" kann beängstigend, aber eben auch heilsam sein.
"Mach die Augen auf, um das zu sehen was niemand sieht." - das sage ich mir selbst immer wieder.