Stille

Stille

Benjamin Zeier
Apr. 06, 2022 • 3 min read

Letztes Wochenende bin ich ans Ende der Welt gefahren. Wer jetzt glaubt, dass ich an eine flache Erde glaube hat sich getäuscht 😀. Für ein Videoprojekt habe ich eine Patientin in die Berge begleitet. Wir wohnen hier ja schon ziemlich ab vom Schuss. Aber von hier aus sind es noch einmal drei Stunden weiter ins Nirgendwo. Ihr Zuhause gehört zum dem Örtchen Antilla, liegt aber außerhalb in einer kleinen Comunidad. Dort angekommen, fiel mir was etwas direkt auf. Obwohl wir soweit weg waren, hörte man trotzdem irgendwo einen Nachbarn, der laut Musik hörte. Selbst hier oben gab es keine absolute Stille.

Nach stressigen Arbeitstagen ist Stille das einzige, nach dem ich mich sehne. Noch mehr als nach einem guten Essen. Niemanden hören, niemanden sehen. Einfach nur Stille. Doch wo findet man diese?

Lärm von außen

Unsere Welt, und Südamerika im Besonderen, ist laut. Wer etwas verkaufen will macht lautstark auf sich aufmerksam. Baut sich ein Megaphon aufs Auto und beschallt damit den ganzen Ort. Ob Obst, Käse, Milch, Masken. Niemand stört sich daran.

Um Lärm um dich herum zu haben, musst du aber nicht nach Südamerika ziehen. Es reicht wenn du Kinder hast 👫🏼. Die Wahrheit ist, dass wir es oft schon gar nicht mehr merken, wie laut es eigentlich um uns ist. Und wenn es dann still wird, suchen wir schnell eine Ablenkung um den Lärm von innen zu übertönen.

Lärm von innen

Bei all dem Krach von außen überhören wir regelmäßig, was unser Körper und unsere Seele uns eigentlich sagen wollen. Für mich scheint es so, als wäre es manchmal für unseren Körper die einzige Chance gehört zu werden, indem wir krank werden. Unsere Seele macht das genauso.

In den letzten Jahren habe ich immer mehr gelernt, Momente der Ruhe bewusst zu erschaffen, um meinen Körper, meine Seele und meinen Geist wahrzunehmen.

Stille von außen

Um den inneren  Schrei wahrzunehmen, muss es äußerlich still werden. Heute gehört es zu meiner festen Routine, mindestens zweimal am Tag 20 Minuten "stille Zeit" zu haben. Morgens direkt nach dem Aufstehen. Und abends nach dem Abendessen. Vor jeder Unterhaltung, jedem Film, jeder Arbeit.

Es ist eine Zeit, in der ich jede Ablenkung von außen abschalte. Meistens finde ich keine Ruhe im Haus, weil wir einfach viele sind. Deshalb ist seit Jahren mein Bose Kopfhörer mit Noise-Canceling 🎧 der tägliche Begleiter. Instrumental-Musik. Manchmal auch inspirierende Worship-Songs und manchmal auch einfach gar nichts. Ich schalte damit alles ab, was von außen auf mich einprasseln will.

Und dann höre ich zu. Meinem Körper, Meiner Seele. Meinem Geist. Gott.

Stille von innen

Diese Zeiten der inneren Stille im Gebet sind für mich die wertvollsten Momente am Tag. Ich bin fest überzeugt, dass Gott jederzeit mit uns spricht. Das Problem nur: Wir hören es nicht. Es ist einfach zu laut.

Gerade in diesen Momenten, kommen mir die inspirierenden Gedanken. Wahrheiten aus Gottes Wort. Problemlösungen. Andere Menschen.

Gebet der Stille

Ich liebe Martin Luthers Vergleiche. Und gerade das, was er über das Gebet gesagt hat. Er hat recht, wenn er sagt:

"Man kann keinen Christen finden ohne Beten – so wenig wie man einen lebendigen Menschen ohne den Puls finden kann, den Puls, der nimmer still stehet, der reget und schläget immerdar…"

Ich bin mir sicher, dass nicht Gott diese Begegnung in der Stille braucht, sondern ich. Für mein Leben. Für meinen Alltag. Und, um bei den vielen Stimmen dieser Welt, Gottes Wahrheit aufzunehmen.

Stille, die laut ist

Noch ein Gedanke zum Schluss. Stille kann auch laut sein. Wie ich das meine? Warst du schon einmal im Dschungel? Oder am Meer? Für mich gibt es keine be-ruhig-enderen Orte, als diese. Egal wie laut es um dich her ist. Ein stundenlanger Spaziergang am Strand oder eine lauwarme Nacht voller Tiergeräusche im Dschungel. Beide können den "Lärm von außen" übertönen und mit lauter Stille, unglaublich inspirierend sein.